Rudolf Kahlfeld: Stellungnahme zum Beitrag von Max Plassmann (Bewertungskriterien für Sachakten)  

Die Festlegung, eine Akte zu vernichten, wenn sie "in einem derartig schlechten Zustand ist, daß die Kosten für Stabilisierung und Restaurierung unverhältnismäßig hoch wären" entlockt mir ein schlichtes, aber lautes VETO.

Was ist verhältnismäßig wofür? Stellen Sie sich vor, in einer 350 Blatt starken Archivalie sind drei Stücke enthalten, die Restaurierungskosten von DM 7.000 verursachen. Welche der nachfolgenden willkürlichen und unrealistischen Beispiele lassen Sie restaurieren:

-    Amtsbuch zur Kaiserpfalz in Aachen mit videt eines Reichskämmerers,

-    Amtsbuch mit beglaubigter Abschrift eines Testamentes Napoleon Bonapartes,

-    "Personalakte" mit Ernennungsurkunde Bismarcks,

-    "Personalakte" mit Ernennungsurkunde des Ministerpräsidenten,

-    Personalakte mit Ernennungsurkunde des Dekans.

Die Gefahr, dass Archivgut erster bis vierter Klasse entsteht ist groß; durch diesen Ansatz wird sie verstärkt. Zudem: Darf die Form über dem Inhalt stehen? Stellen Sie sich vor, dieser Ansatz wäre bei den "Kahnakten" des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf gefragt worden.

Auch verschieben sich die Werte, und mal steht mehr, mal steht weniger Geld zur Verfügung. Und gerade wenn Sie die Kassation aus dem Grunde des unverhältnismäßig hohen Restaurierungsaufwandes durchgeführt haben, bekommen Sie eine zweckgebundene Stiftung...

Teile des Schaubildes erinnern mich an die Bewertungsüberlegungen aus dem Bundesarchiv aus Anfang und Mitte der 90er Jahre.